Home Staging: Aufgemöbelt

Schön eingerichtete Immobilien lassen sich schneller und besser verkaufen oder vermieten als leere. Eigentümer wie Makler setzen daher zunehmend auf eine

geschickte Präsentation.

Von Berrit Gräber

 

Der erste Eindruck zählt. Davon sind vor allem Marketing-Spezialisten fest überzeugt. Ob Autos, Boote, Schmuck oder Mode - schaffen es die Experten, ihre Waren ins beste Licht zu rücken, steigt der Umsatz. Um Inszenierung geht es auch bei einem Verkaufstrend, der aus den USA kommt, dem sogenannten Home Staging. Vor mehr als 40 Jahren haben amerikanische Makler damit begonnen, zum Verkauf stehende Immobilien kräftig aufzuhübschen und optimal zu präsentieren. Denn schick möblierte Wohnungen und Häuser lassen sich offensichtlich schneller an den Mann oder die Frau bringen als gähnend leere Räume.

Mittlerweile hat der Trend auch in Deutschland Fuß gefasst. Obwohl die Nachfrage nach Immobilien ohnehin schon brummt, setzen Makler, Bauträger wie Eigentümer zunehmend auf die Dienste professioneller Einrichter auf Zeit. Je attraktiver das Objekt, desto höher sein Preis.

"Das Thema Home Staging wird immer wichtiger beim Immobilienverkauf", sagt Elke Hausmann, Innenarchitektin bei Mr. Lodge, einem Münchner Unternehmen, das sich auf die Vermietung und die Veräußerung möblierter Objekte spezialisiert hat. Wer aktuell eine Immobilie verkaufen oder vermieten wolle, stehe in harter Konkurrenz zu Objekten, die von Home-Staging-Profis prächtig in Szene gesetzt wurden, vor allem in ländlichen Gegenden oder bei älteren, schwer verkäuflichen Häusern.

Das fängt schon mit den Fotos auf Immobilienplattformen an: Kahle Wände, verschlissene Tapeten, nackte Bäder, dunkle Räume und verwilderte Gärten schrecken ab. Steht aber eine schicke Couch im Zimmer, sind bunte Handtücher im Bad, ist der Tisch mit einer tollen Schale dekoriert, der Raum hell ausgeleuchtet, steigt das Interesse stark an. "Wir wollen ein Bühnenbild schaffen, die Fantasie potenzieller Käufer anregen", betont Petra Rose, gelernte Schreinermeisterin aus Weiler bei Bingen und Mitbegründerin der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR).

Nur etwa 20 Prozent der Menschen könnten sich leere Räume tatsächlich behaglich möbliert vorstellen, betont Möbelbau-Designerin Rose. Der überwiegenden Mehrzahl falle das sehr schwer. Genau hier setzen die Einrichtungs-Profis an. Ist ein älteres Haus oder eine Wohnung erst einmal leer geräumt, kriegen die Wände einen neutralen Anstrich, meist in weiß. Moderne Lampen werden aufgehängt, verwinkelte, kleine Räume mit viel Licht optisch vergrößert, helle Sofas aufgestellt, Kissen und Accessoires drapiert. Ist eine Immobilie arg abgewohnt, wird auch schon mal umfangreicher renoviert. Teppiche werden herausgerissen, alte Holzdielen freigelegt, Gärten umgestaltet. Weil sich viele Menschen mit der neuen Umgebung einen Neuanfang wünschen, soll alles wie neu wirken.

Teure Designer-Möbel sind allerdings meist nicht nötig, sagt Rose. Die meisten Home-Staging-Agenturen haben einen riesigen Fundus an schicken Möbeln, die sich am Zeitgeist orientieren und den Geschmack vieler treffen - ähnlich wie bei fertigen Wohnwelten in Möbelhäusern oder in Muster-Neubauwohnungen von Bauträgern. "Manchmal kommen auch mal eine Küche aus Pappe, Leihkunst oder geliehene Möbel zum Einsatz", erzählt die Fachfrau. "Wir liefern das Ambiente, ein Bild, damit Interessenten das Gefühl entwickeln, sofort einziehen zu wollen." Und nach dem Verkauf wird alles wieder ausgeräumt.

"Wir zahlen für ein Lebensgefühl, für den Vorentwurf einer neuen Heimat."

Zwar gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eingerichtete Räume tatsächlich größer und einladender wirken, wie Immobilien- und Einrichtungsexperten gern anführen. Eine Studie des Psychologischen Instituts der Universität Mainz konnte lediglich nachweisen, dass möblierte Zimmer als höher, aber auch weniger geräumig empfunden werden. Obwohl die Innenraumgestaltung ein großes Thema sei, fehlten häufig empirische Nachweise, gibt Christoph Freiherr von Castell von der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie zu bedenken.

Dass das Inszenierungskonzept für gebrauchte Immobilien in der Praxis aufgeht und Kaufimpulse auslöst - daran hat der Kölner Marktforscher Stephan Grünewald kaum Zweifel. In der Psychologie sei vom "Leerschock" die Rede: Wer die Wahl hat zwischen unbehausten Räumen oder einer stylish eingerichteten Wohnung, wird sich in der Regel für Letzteres entscheiden - und wahrscheinlich auch bereit sein, mehr Geld dafür auszugeben, erklärt der Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Rheingold. "Wir zahlen für ein Lebensgefühl, für den Vorentwurf einer neuen Heimat, die zum Ort der Geborgenheit werden kann", sagt der Psychologe.

Das funktioniert ganz offensichtlich selbst dann, wenn vergleichbare Immobilien für spürbar weniger Geld auf dem Markt sind. Ein durch Home-Staging-Profis aufgewertetes Objekt kann deutlich bessere Preise erzielen, heißt es bei der DGHR. Sowohl beim Verkauf als auch beim Vermieten. "Steigerungen von 10 bis 15 Prozent sind keine Seltenheit", berichtet Rose. Sie selbst habe einmal 39 Prozent Plus herausgeholt, viele Zehntausend Euro mehr als ursprünglich geglaubt. Die alte Doppelhaushälfte aus den 50er-Jahren in Bingen stand viele Monate lang erfolglos zum Verkauf. Die Lage mit Blick auf den Rhein war zwar gut, der verwohnte Zustand schreckte jedoch ab. Nach dem Facelifting ging sie im Handumdrehen an den Höchstbietenden. "Durch Home Staging werden nicht nur bessere Preise erzielt. Vielmehr werden Immobilien auch schneller verkauft", sagt Peter Sarta, Verkaufsleiter bei Mr. Lodge. Nach einer internen Statistik der DGHR lassen sich aufgemöbelte Immobilien in der Hälfte der sonst nötigen Zeit verkaufen. Fast alle optimierten Objekte fanden demnach binnen drei Monaten einen neuen Eigentümer. "Das beschleunigte Veräußern ist ein Haupteffekt", bestätigt Rose. Letztlich bestimme aber immer der Mix aus Lage, Ausstattung und Preis über den Verkauf. Auf dem Land dreht sich das Verkaufs- und Vermietungskarussell generell langsamer als in der Stadt. Und mit Home Staging "lässt sich gewiss keine Problem-Immobilie an den Mann bringen", winkt Rose ab.

Wer sein Haus besser ins Rampenlicht rücken will, muss erst mal investieren. Wie teuer die Dienste der Einrichter kommen, hängt immer auch vom Zustand der Immobilie ab. In der Regel können zwischen ein und drei Prozent der Verkaufssumme fällig werden, je nach Aufwand. Home-Staging-Profis entrümpeln sogar, wenn nötig. Oder ziehen alle Register und backen Muffins in der Küche, damit der Duft von frisch Gebackenem durchs Haus zieht, wenn der Besichtigungstermin ansteht. Getreu dem Motto aller Marketing-Gurus: Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.

Udo W. Hoffmann

Dipl.- Ing. FH BDB

Freier Architekt

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